Sentiero della Pace

Wanderführer: Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten

Er ist siebenhundert Kilometer lang und wer ihn komplett begehen will, hat fast 40.000 Höhenmeter im Auf- und Abstieg vor sich. Der Sentiero della Pace zieht sich in einem weiten Bogen vom Vinschgau im Westen bis zu den Sextener Dolomiten im Osten und durchquert dabei viele der schönsten und spektakulärsten Gebirgsregionen der italienischen Alpen. Doch der Ursprung des Friedensweges liegt im mörderischen Gebirgskrieg des ersten Weltkrieges, auf dessen Überresten man in den Trentiner Bergen immer wieder trifft.

Sentiero della Pace - Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten - Fotos: Romy Robst / Jesse Raith

Sentiero della Pace – Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten – Fotos: Romy Robst / Jesse Raith

Auf meinen Wanderungen in den Bergen rund um Riva und den nördlichen Gardasee bin ich immer wieder auf Erinnerungen an Kriege, vor allem den ersten Weltkrieg gestoßen. Seien die Geschoßhülsen rund um die Kapelle Santa Barbara, die Stellungen und Laufgräben am Nodice oder auf dem Monte Altissimo di Nago.

Die größten erhaltenen Bauten fand ich jedoch auf dem Monte Brione, der schräg zwischen Riva und Torbole aufragt. Hier ist mir auch zum ersten Mal die Friedenstaube als Wanderwegmarkierung aufgefallen, mein erster Kontakt mit dem Sentiero della Pace. Bisher bin ich allerdings nur auf wenigen Abschnitten des Friedensweges in der Gardaseeregion gewandert.

Ein Wegweiser des Sentiero della Pace mit der Friedenstaube. Hier am Monte Altissimo di Nago

Ein Wegweiser des Sentiero della Pace mit der Friedenstaube. Hier am Monte Altissimo di Nago

Ganz anders als Romy Robst. Auch sie schreibt, dass sie am Gardasee zum ersten Mal auf den Friedensweg gestoßen ist. Mittlerweile hat sie aber, zusammen mit ihrem Hund, den gesamten Sentiero della Pace auf insgesamt 45 Etappen erwandert. Auf ihrem Blog hat sie ihre Fernwanderung etappen-wandern.de beschreiben. Und nun ist ihr „Buch Sentiero della Pace – Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten“* im Bergverlag Rother erschienen.

Der Gebirgskrieg 1915-1918

Der Sentiero della Pace folgt dem Verlauf der Front, an der sich Österreicher und Italiener von 1915 bis 1918 gegenüberstanden und bekämpften. Mit unglaublichem Aufwand wurden Stellungen in die Felsen getrieben, die teilweise die Größe von Städten ereeichten. Nachschubwege wurden angelegt, Kanonen bis auf 3000 Meter Höhe gebracht. Berggipfel lagen unter Dauerbeschuss, die Gipfel des Col di Lana und des Dente Italiano wurden teilweise weggesprengt, mitsamt der dort verschanzten Soldaten.

Das Gipfelkreuz des Dente Italiano - Foto: Romy Robst

Das Gipfelkreuz des Dente Italiano – Foto: Romy Robst

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Etwa 150.000 Soldaten starben auf beiden Seiten im Gebirge. Schätzungsweise bis zu zwei Drittel von ihnen kamen dabei nicht infolge direkter Kampfhandlungen um, sondern wurden Opfer der extremen Bedingungen des Krieges im Hochgebirge. Sie erfroren bei zweistelligen Minustemperaturen im Winter, wurden unter meterhohen Lawinen verschüttet, starben durch Steinschlag oder stürzten am Berg ab.

Einen kurzen Überblick hierzu findet Ihr in den einleitenden Kapiteln zu Beginn des Buches und jeweils zu Beginn der sechs Bergregionen, durch die der Weg führt. Für einen längeren Einstieg in das Thema empfehle ich Euch den Teil BergKultur des Alpenvereinsjahrbuchs BERG 2015*, In mehreren Artikeln wird dort auf den Gebirgskrieg in den Alpen erinnert. Das Buch wird vermutlich nur noch antiquarisch erhältlich sein.

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Der Sentiero della Pace

Schon bald nach dem zweiten Weltkrieg kam die Idee auf, einen Wanderweg als Friedens- und Versöhnungsprojekt entlang der Frontlinien des ersten Weltkrieges zu errichten. Doch es dauerte noch einige Zeit, bis dieses Projekt umgesetzt wurde. In den Jahren 1986 bis 1996 wurden die alten Kriegspfade saniert und unter dem Namen „Sentiero della Pace“, „Friedensweg“, mit dem Symbol der Friedenstaube markiert.

Dabei ist nicht nur ein Fernwanderweg entstanden, sondern auch eine bleibende Erinnerung an das damalige Kriegsgeschehen. Immer wieder trifft man Tunnel oder Schützengräben, wandert zu Gedenkkreuzen oder man findet verrosteten Stacheldraht oder Gebrauchsgegenstände der Soldaten. Auch auf vielen Schutzhütten entlang des Weges wird an den Ersten Weltkrieg, „La grande guerra“ erinnert.

Panorama kurz hinter der Forcella Travenànzes - Foto: Romy Robst

Panorama kurz hinter der Forcella Travenànzes – Foto: Romy Robst

Der Weg führt durch die unvergleichlich schönen Gebirgslandschaften der italienischen Alpen, über felsige Hochgebirgsregionen und weite, grüne Almwiesen, durch kleine Dörfer und menschenleere Täler. Viele der Wege werden kaum begangen, so dass man häufig alleine in der Natur unterwegs ist. Manchmal führt das auch dazu, dass die Wegfindung nicht ganz leicht ist. Teilweise werden im Buch auch eine alternative Wege angegeben.

Die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Etappen liegen dabei von leichten Almwanderungen bis hin zu Hochgebirgswanderungen mit Gletscher- und Klettersteigpassagen. Letztere lassen sich aber auf Alternativwegen umgehen.

Auf dem Weg von West nach Ost durchquert der Sentiero della Pace sechs Gebirgsgruppen auf 45 Tagesetappen. Die Ortler-Alpen, die Adamello-Presanella-Alpen, gefolgt von vielen Etappen durch die Gardaseeberge. Dort, am Nordufer des Gardasees, erreicht der Weg auch auf 70 Metern seinen tiefsten Punkt.

Das große Gebäude der Batteria di Mezzo auf dem Monte Brione

Das große Gebäude der Batteria di Mezzo auf dem Monte Brione

Östlich der Etsch führt der Weg durch die Vizentiner Alpen und die Fleimstaler Alpen, um dann die Dolomiten bis hin zu den drei Zinnen zu durchqueren.

Sowohl zu Beginn in der Ortler-Region als auch auf den letzten Etappen in den Dolomiten verläuft der Weg auf mehr als 3000 Metern Höhe. Die Mehrzahl der Tagesetappen liegt dabei zwischen zehn und zwanzig Kilometern Länge. Deutlich länger oder kürzer wird es nur selten. Zwischen viereinhalb und sieben Stunden Gehzeit sollte man für die meisten Touren planen, auch hier gibt es etas kürzere und etwas längere Etappen.

Auf den letzten Etappen führt der Sentiero della Pace an der Dreizinnenhütte entlang - Foto: Romy Robst

Auf den letzten Etappen führt der Sentiero della Pace an der Dreizinnenhütte entlang – Foto: Romy Robst

Zu jeder Etappe findet Ihr in dem Buch eine detaillierte Tourenbeschreibung mit Fotos, Höhenprofil und Übersichtskarte, wie man sie von den Rother Wanderführern kennt. Auf der Website des Rother-Verlages www.rother.de sind zu allen Etappen die GPS-Tracks zum Download hinterlegt.

Dazu gibt es jeweils einen farbigen Kasten mit historischen Informationen, etwa, welche Rolle die Berggipfel oder Hütten im damaligen Kriegsgeschehen hatten oder welche Kriegsbauten dort noch heute zu sehen sind.

Ein weiteres Extra dieses Buches ist besonders interessant, wenn Ihr auch mit Eurem Hund wandert. Da Romy Robst die Wanderung mit ihrem Hund unternommen hat, findet Ihr entsprechende Hinweise auf allen Etappenbeschreibungen. Auch die Übernachtungsmöglichkeiten mit Hund werden jeweils erwähnt.

Ruinen im Gipfelbereich der Cima Vezzena - Foto: Jesse Raith

Ruinen im Gipfelbereich der Cima Vezzena – Foto: Jesse Raith

Im einleitenden Teil des Buches findet Ihr Informationen zur besten Jahrezeit, den Sentiero della Pace zu begehn, zur passenden Ausrüstung, Schwierigkeiten und Gefahren auf dem Weg, Unterkünften und den passenden Wanderkarten des Tabacco-Verlags (www.tabaccoeditrice.it). Dazu Empfehlungen, welche Etappen sich als Tagestouren eignen. Und Hinweise zum Umgang mit Bären. Ja richtig, Bären, denn auf die kann man in den einsamen Gebirgsregionen des Trentino treffen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.

Das Buch verbindet den klassischen Rother-Wanderführer mit vielen historische Informationen, was auf diesem Fernwanderweg auch sehr passend ist. Auch wenn ich den Weg sicher nicht komplett begehen werde, werd ich mir einzelne Tagesetappen vornehmen, wenn ich wieder in einer der Regionen bin, die der Sentiero della Pace durchquert. Und, wie Romy Robst schon im Vorwort schreibt: An einigen Stellen scheint der Friedenspfad nicht aktiv gepflegt zu werden. Das Buch soll auch dazu dienen, den Weg zu erhalten: Er hat es verdient!

Links:
Der Sentiero della Pace auf dem Blog etappen-wandern.de
Informationen zum Buch auf der Verlagswebsite rother.de

Sentiero della Pace. Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten

240 Seiten
Bergverlag Rother
ISBN: 978-3-7633-4562-5
16,90
Bei amazon.de*: Sentiero della Pace

Hinweise: Das Buch habe ich vom Bergverlag Rother als Rezensionsexemplar erhalten.
* = Amazon-Affiliate-Link

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